Freitag, 29. Mai 2009

Li-La-Lyrics: Daniel Schuhmacher - Anything but love

Der halbgare Typ, der irgendwie aussieht wie ein schwedischer Bankangestellter, hat also DSDS gewonnen. Und gleich einen Nummer 1 Hit gelandet.
Schon okay.
Und dass Dieter Bohlen dadurch Stammgast hier wird, ist auch okay. Er bedient eben die neulich schon erwähnte Phrasenmaschine am virtuosesten, und schafft so Texte, die auch ein taubstummer Vorschüler aus ungeklärten Familienverhältnissen versteht und mag. Und deren mehrdimensionale Funktionen im Einzelfall analysiert sein wollen.
Doch zuerst zum Werk:




Daniel Schuhmacher - Anything But Love

When I get older
Feelings get colder
But I will promise you
You're always in my heart

Goodbye tomorrow
Hold back my sorrows
Feeling like heaven
When you're close
When you're close to me

But I can't give you anything but Love
Oh that's for sure
I can't give you anything but Love

You can't ignore
Come take my heart for granted
And give me all your heart
Baby will you trust me
Right here from the start

Which way you're going
Your love is growing
After the lights go down
You're always in my heart

Love is like fire
An endless desire
And after the curtain falls
I kiss away
I kiss away the pain

But I can't give you anything but Love
Oh that's for sure
I can't give you anything but Love
Etc. pp.



Daniel Schuhmacher trifft mit seinem sozialromantischen Stück „Anything but love“ einen demographischen Wurzelschmerz der Deutschen, und gleichzeitig auch ihre schizophrenoide Einstellung zum gerade Geburtstag feiernden Heimatland.
Das Problem liegt offen: Weniger Kinder, mehr alte Säcke, unsere Gesellschaft altert schneller als eine Eintagsfliege, nur undeutsche Migration kann uns jetzt noch helfen. Was an sich nicht so schlimm wäre, der ein oder andere Ausländer passte noch in die bereits gut gefüllt Arche Deutschland; wenn jedoch Gefühlskälte Einzug erhält, wird das rettende Ufer schnell zur gefährlichen Steilküste. „When I get older, feelings get colder,“ diese Zeile fasst das Dilemma unseres Zeitalters prägnant zusammen. Deutschland, einst Land prosperierender Blumenläden, großer Emotionen und engem menschlichen Miteinanders - Deutschland wird 60, wird alt und grau und wunderlich, und mit ihm seine Bevölkerung. Das Alter ist eben kein Zuckerschlecken, „Goodbye tomorrow“, schon in absehbarer Zeit werden wir uns im Jenseits wieder sehen oder zumindest schon mal recht transzendent fühlen („Feeling like heaven, when you´re close“).
Daniel offeriert, da Zeit und Jugendlichkeit schwinden, sein noch Bypass-loses Herz, seine nicht mehr ganz taufrische, aber dafür gereifte Liebe, die selbst noch anhält („After the lights go down, You're always in my heart“), wenn er eines nahen Tages den Löffel abgibt. Stellvertretend für alle rheumatischen Deutschen, die sich in diesen Tage auf Krücken von Bundespräsidentenrede zu 60-Jahr-Ausstellung schleppen und wegen Nullrunde bei der Rente und allgemeiner Pleite nicht mehr zu bieten haben, als einen verwelkenden Rest seniler Zuneigung.
Dieter Bohlen, das muss an dieser Stelle ein für alle Mal klar gestellt werden, ist kein schmieriger Schmonzettenschreiber, nein, er reflektiert, er saugt auf was die Menschen bewegt, macht Musik aus ihren Gefühlen und jedem einzelnen wieder ein bisschen Mut. Dieter Bohlen altert mit uns und Deutschland, aber er lässt keine Resignation zu, und ich wette, die nächste Single von Daniel Schuhmacher ist ein Cover des großen Udo Jürgens: „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an.“

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